Kein Freibrief für die Politik / FrankÜberall (Kölnische Rundschau) zur Triage-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts

Nun hat das Bundesverfassungsgericht geurteilt, dass starre Regeln nicht gelten. Niemand dürfe diskriminiert werden, aber irgendwie dürfen und müssen Ärztinnen und Ärzte im Zweifel dann doch eine Auswahl treffen. Neue Richtlinien sollen erarbeitet werden, doch die konkrete Entscheidung liegt dann beim medizinischen Personal. Das hört sich vernünftig und nachvollziehbar an. Gleichwohl stellt sich die Frage, welches System wir in unseren Kliniken vorhalten, um die Entscheidung zu erleichtern: Unter welchen Rahmenbedingungen würde eine Triage-Auswahl stattfinden?
Die Kosten im Gesundheitswesen sind kaum noch zu bewältigen, manche Krankenhäuser müssen schließen. Es herrscht Personalmangel. Diese Situation wird sich nicht verbessern. Der Staat ist mit dem Urteil zwar aus der Verpflichtung genommen worden, selbst Regeln für die Triage vorzugeben. Aber er kann sich nicht aus der Pflicht befreien, eine ordentliche Gesundheitsversorgung auch für Extremfälle sicherzustellen. Das ist als Daseinsvorsorge grundlegend für jede staatliche Organisation.
Wenn diese Rahmenbedingungen nicht stimmen, wenn es viel zu wenig Behandlungskapazitäten gibt, wird Ärztinnen und Ärzten Unmögliches zugemutet. Bei massenweisen, ernsthaften Erkrankungen mag es befreiend wirken, keine starren gesetzlichen Vorgaben zu haben. Was aber ist die Folge? Die Idee, im Einzelfall abgewogene medizinische Entscheidungen zu treffen, ist im Ernstfall kaum realisierbar.
Das Urteil der Karlsruher Richter ist deshalb kein Freibrief für die Politik, ganz im Gegenteil. Es richtet mehr denn je den Fokus darauf, dass wir uns auf die nächste Krise vorbereiten müssen.
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