Carve-Outs – Chancen und Trends im deutschen PE-Markt

Carve-Outs haben sich in der derzeit angespannten Marktlage als besonders relevante Transaktionsform etabliert – und gerade in Deutschland dürften sie in den kommenden Jahren eine noch wichtigere Rolle spielen. Erste Entwicklungen zeichnen sich bereits klar ab.
Europaweiter Rückgang, aber stabile Carve-Out-Volumina
Laut einer Analyse von Alvarez&Marsal lag das Carve-Out-Volumen in Europa 2023 bei rund 150 Mrd. EUR – nur leicht unter dem Vorjahr, aber mehr als 40 % unter dem Niveau von 2021.
Im dritten Quartal dieses Jahres machten Carve-Outs 18,2 % des Wertes aller Private-Equity-Transaktionen in Europa aus – der höchste Wert seit 2019. Auch wenn die absoluten Zahlen zurückgehen, zeigt dieser Anteil: Fast ein Fünftel aller PE-Aktivitäten entfällt derzeit auf Carve-Outs.
In einem Umfeld rückläufiger Gesamt-M&A-Aktivitäten behaupten sich Carve-Outs damit als stabile und relevante Dealform.
Strategische Notwendigkeiten und erhöhte Komplexität
Eine erfolgreiche Ausgliederung erfordert sorgfältige Planung, insbesondere im Hinblick auf Eigenständigkeit des Geschäfts und Integrationsfähigkeit. Die zunehmende Verflechtung digitaler Plattformen und Systeme erhöht die operative Komplexität, kann Transaktionen verzögern und den Verkaufspreis belasten.
Auffällig ist zudem die Zunahme von mehreren parallelen Ausgliederungen, was zusätzliche Anforderungen an die Transaktionsvorbereitung und Umsetzung stellt.
Deutschland im Fokus – warum Carve-Outs immer attraktiver werden
Deutschland gehört neben dem Vereinigten Königreich und den nordischen Ländern zu den aktivsten Private-Equity-Märkten in Europa. Gemeinsam entfallen auf diese Regionen 46 % aller PE-Deals. Für deutsche Unternehmen mit diversifizierten Portfolios bieten Carve-Outs gleich mehrere Chancen:
– Konzentration auf Kernkompetenzen
– Freisetzung von Kapital für Investitionen
– Anpassung an ESG-Vorgaben, indem Unternehmensteile veräußert werden, die nicht mehr zur strategischen Ausrichtung passen
Damit wird Deutschland zunehmend zu einem attraktiven Markt für Carve-Out-getriebene Transaktionen.
Warum Carve-Outs sich gerade jetzt lohnen
Insbesondere in Deutschland eröffnet sich für Private-Equity-Fonds aktuell eine Phase, in der Carve-Outs nicht nur theoretisch interessant sind, sondern auch in der Praxis messbaren Mehrwert schaffen. Aspekte wie zielgerichtete Strategien, die Entflechtung komplexer Geschäftsbereiche, höhere operative Effizienz und die Möglichkeit, nicht-strategische Einheiten sauber abzuspalten und zu monetarisieren sind längst Treiber für konkrete Deals.
Wer frühzeitig in eine saubere Separation investiert, profitiert von besserer Steuerbarkeit, schnellerem Wachstum der ausgegliederten Einheiten und oftmals einer Multiple-Expansion – ein Effekt, der sich bei klassischen Buyouts zunehmend schwerer realisieren lässt.
Dies belegen mehrere prominente Transaktionen:
– Siemens hat mit der Abspaltung von Innomotics ein klares Carve-Out vollzogen, den KPS Capital Partnersübernommen hat.
– Die Aareal Bank und Advent International haben ihre Softwaresparte Aareon an TPG und CDPQ verkauft – ein Paradebeispiel dafür, wie Konzernteile in einem fokussierten Umfeld schneller wachsen können.
– Bosch hat Teile seines Bereichs Building Technologies separiert und für den Verkauf vorbereitet, um sich stärker auf Kernsegmente zu konzentrieren.
– Sogar im professionellen Dienstleistungssektor zeigt sich das Prinzip: Cinvenübernahm die Mehrheit an Grant Thornton Deutschland – zwar kein klassisches Carve-Out, aber eine Transaktion, die verdeutlicht, wie PE-Investoren Unternehmensteile oder Netzwerke aus bestehenden Strukturen herauslösen, um Skalierungspotenzial zu heben.
Carve-Outs sind für Investoren und Unternehmen mehr als nur eine Transaktionsform – sie sind ein strategisches Instrument zur Anpassung und Weiterentwicklung in einem sehr dynamischen Marktumfeld.
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