Telefonangst im Beruf: Wie Nervosität Karrierchancen blockiert und was dagegen hilft
In einer Welt, in der Kommunikation allgegenwärtig ist, erscheint es paradox, dass das Telefonieren für immer mehr Menschen eine echte Herausforderung darstellt. Warum löst ein einfaches Telefonat plötzlich so viel Nervosität aus? Die Vorstellung, sich in einem Gespräch zu blamieren, lässt den Puls steigen – besonders wennein Jobanruf oder ein Bewerbungsgespräch bevorsteht. Doch diese Angst betrifft nicht nur eine kleine Minderheit. Sie wächst und hat mittlerweile auch Auswirkungen auf berufliche Chancen und das Selbstbewusstsein vieler Menschen.
Ein wachsendes Problem
Laut einer Untersuchung von Fink und Cassady (2021) zeigt sich, dass die Nervosität in Vorstellungsgesprächen und bei anderen beruflichen Kommunikationen wie Telefonaten stark durch soziale Ängste beeinflusst wird. Diese Ängste betreffen nicht nur das persönliche Umfeld, sondern auch berufliche Situationen wie Vorstellungsgespräche oder Telefongespräche. Ineiner internationalen Vergleichsstudie von Zhang und Liu (2023) wird deutlich, dass Menschen mit sozialer Angst auch besonders hohe Angst vor Telefongesprächen haben, was ihre berufliche Kommunikation erheblich erschwert.
Für viele ist das Vorstellungsgespräch der entscheidende Moment im Bewerbungsprozess, der über den nächsten Karriereschritt entscheidet. Doch während einige Bewerber sich auf den Anruf oder das Gespräch vorbereiten können, steigt bei anderen bereits die Nervosität, wenn das Telefon klingelt.
\“Der Druck, sich gut zu präsentieren und keine Fehler zu machen, ist enorm\“, erklärtJessica Wahl, Kommunikationscoachmit jahrzehntelanger Erfahrung.\“Die Angst vor einem Fehltritt blockiert häufig die Fähigkeit, authentisch und selbstbewusst zu sprechen. Schon beim ersten Anruf kann diese Unsicherheit ein Hindernis darstellen, das sich durch den gesamten Bewerbungsprozess zieht.\“
Die Auswirkungen auf den Berufsalltag
Die Angst vor Vorstellungsgesprächen betrifft nicht nur die Bewerber. Auch Personalverantwortliche spüren die Folgen. Markus Becker, Personalchef eines mittelständischen Unternehmens, berichtet:\“Viele sehr gut qualifizierte Kandidaten werden durch ihre Nervosität im Gespräch gehemmt. Obwohl sie über die richtigen Fähigkeiten und Erfahrungen verfügen, lässt ihre Unsicherheit ihre Stärken oft nicht zur Geltung kommen. Es ist schwierig, einen klaren Eindruck von den Fähigkeiten eines Bewerbers zu bekommen, wenn dieser von seiner Nervosität überwältigt wird.\“
Doch nicht nur Berufseinsteiger sind betroffen. Auch erfahrene Fachkräfte haben ihre Herausforderungen. Laura Kantes, 38, beschreibt ihre Erfahrungen mit Vorstellungsgesprächen:\“Ich habe oft das Gefühl, mich verstellen zu müssen, um meine Nervosität zu verstecken. Dabei möchte ich einfach nur authentisch meine Fähigkeiten und Erfahrungen zeigen.\“Ihre größte Sorge?\“Ich frage mich ständig, ob ich genug von meinen Stärken präsentiere oder ob ich zu viel über meine Schwächen spreche. Diese Unsicherheit führt dazu, dass ich in jedem Gespräch an mir zweifle und nicht die besten Seiten von mir zeigen kann.\“
Soüberwinden Sie Ihre Nervosität: Praktische Tipps
Die gute Nachricht: DieseÄngste und Unsicherheiten sind überwindbar. Der Schlüssel liegt in regelmäßiger Vorbereitung und Übung. Jessica Wahl empfiehlt, sich bewusst zu machen, dass niemand Perfektion erwartet. Viele Menschen glauben, sie müssten fehlerfrei sein, um erfolgreich zu kommunizieren. Doch esgeht nicht darum, perfekt zu sein, sondern authentisch. Perfektionismus verstärkt die Ängste und blockiert Gespräche.
Praktische Tipps zurÜberwindung der Nervosität:
Üben Sie regelmäßig: Üben Sie mit Freunden oder in Rollenspielen. Beginnen Sie mit weniger stressigen Gesprächen und steigern Sie sich allmählich, um Ihre Sicherheit zu stärken. Wenn es um ein Bewerbungsgespräch geht, üben Sie insbesondere die häufigsten Fragen wie\“Erzählen Sie mir etwas über sich\“oder\“Warum möchten Sie für unser Unternehmen arbeiten?\“
Akzeptieren Sie Fehler: Niemand erwartet Perfektion. Fehler sind menschlich und machen Sie sympathischer. Ein Versprecher kann oft sogar als Zeichen von Authentizität gesehen werden. Statt sich darauf zu fixieren, was schiefgehen könnte, lenken Sie den Fokus auf Ihre Stärken. Ein Beispiel: Anna, 32, merkte bei einem Vorstellungsgespräch, dass sie einen kleinen Fehler machte. Statt sich darauf zu konzentrieren, entschied sie sich, den Moment humorvoll zu nehmen und weiterzumachen. Diese Lockerheit wurde vom Interviewer positiv aufgenommen.
Atemtechniken anwenden: Ruhige Atmung kann helfen, Nervosität zu regulieren. Atemübungen können den Körper beruhigen und den Kopf klarer machen. Zum Beispiel hilft die\“4-7-8\“-Technik – einatmen für 4 Sekunden, halten für 7 Sekunden, ausatmen für 8 Sekunden – dabei, sich zu entspannen.
Fokussieren Sie sich auf das Gespräch: Konzentrieren Sie sich auf den Inhalt des Gesprächs, nicht auf Ihre eigene Nervosität. Was möchten Sie mitteilen? Welche Fragen möchten Sie stellen? Diese Technik hilft, Ihre Aufmerksamkeit von den eigenen Ängsten abzulenken.
Passen Sie Ihre Technik an die Situation an: Ein spontanes Gespräch mit einem Kollegen erfordert eine andere Herangehensweise als ein formelles Bewerbungsgespräch. Für ein Bewerbungsgespräch könnten Sie beispielsweise eine klare Struktur in Ihren Antworten einbauen, während Sie bei einem lockeren Telefongespräch eher auf Spontanität setzen.
Schritt für Schritt zur besseren Kommunikation
Der Schlüssel ist, sich kontinuierlich zu üben und sich dabei selbst zu motivieren. Markus Becker empfiehlt:\“Übung macht den Meister. Wer sich regelmäßig in simulierten Gesprächen übt, verliert die Scheu und wird zunehmend sicherer in realen Gesprächen.\“Auch Atemtechniken und positive Selbstgespräche können helfen, die Nervosität abzubauen und ein klareres, selbstbewussteres Bild zu vermitteln.
\“Es ist wichtig, sich darauf zu konzentrieren, was man gut kann, und nicht nur darauf, was man vermeidet oder nicht weiß\“, soKarriere und Bewerbungscoach Jessica Wahl.\“Je mehr man sich auf die eigenen Stärken besinnt, desto weniger wird die Nervosität zum Problem.\“
Fazit: Mut zur Authentizität
Die Angst vor Telefonaten und Vorstellungsgesprächen ist weit verbreitet, aber wenn Sie regelmäßig üben, sich auf Ihre Stärken besinnen und Fehler als natürlichen Teil des Gesprächs akzeptieren, werden Sie feststellen, dass diese Gespräche weniger beängstigend sind, als sie zunächst erscheinen. Den nächsten Telefonanruf oder das Vorstellungsgespräch können Sie mit dem Wissen angehen, dass niemand Perfektion erwartet. Es geht darum, authentisch zu bleiben und das Beste aus der Situation zu machen.
Categories: Allgemein
No Responses Yet
You must be logged in to post a comment.