Siegward Sprotte – Im Dialog mit der Natur

Schleswig-Holstein war für den Maler Siegward Sprotte (1913-2004) weit mehr als Heimat. Es war sein geistiger und künstlerischer Resonanzraum. Zwischen Himmel und Horizont, Wind und Wellen fand er jene elementare Erfahrung von Licht und Bewegung, die sein Werk prägte. Auf der Insel Sylt entwickelte er eine Malerei, die Natur nicht abbildet, sondern in Farbe, Rhythmus und Geste erfahrbar macht.
\“Man muss sich selbst wie eine Woge bewegen – dann wird es eine Woge\“, sagte Siegward Sprotte einmal. Dieser Satz fasst sein Verständnis von Kunst zusammen. Der Malende tritt mit der Natur in einen Dialog ein, der über das Sehen hinausgeht. Das Meer, die Weite des Nordens und das wechselnde Licht Schleswig-Holsteins wurden zu seinem Gegenüber, zu einer Landschaft, die antwortet.
Von der Küste ins Bewusstsein: Siegward Sprottes künstlerische Entwicklung war mit Schleswig-Holstein eng verbunden. Hier entstanden seine Studien der Natur, die ihn zu einer immer stärkeren Reduktion führten. Die Klarheit des nordischen Himmels, das stetige Fließen der Wellen und die Horizonte der Küste brachten ihn zu der Einsicht, dass Natur kein Motiv ist, sondern ein prozesshaftes Wechselspiel von Wahrnehmung, Bewegung und Bewusstsein.
In seinem Schaffen verschmolzen Malerei und Philosophie. Seine Aquarelle, Gouachen undÖlbilder wirken auf den ersten Blick spontan und leicht. Doch sie beruhen auf konzentrierter Beobachtung und einer Haltung des aktiven Sehens. In der Mappe\“Abschied vom Bilde\“formulierte er diesen Gedanken programmatisch: Nicht das Abbild, sondern das Sein des Gesehenen soll sichtbar werden.
Nordische Klarheit undöstliche Stille: Schleswig-Holsteins Landschaft öffnete Siegward Sprotte eine universelle Bildsprache. Hier fand er jene Weite und Leere, die ihn an asiatische Ästhetik erinnerte. So verband er westliche Maltraditionen, von William Turner bis Karl Hagemeister, mit der meditativen Einfachheit der ostasiatischen Kalligraphie. Seine\“farbigen Kalligraphien\“und\“Stenogramme\“entstanden oft in freier Natur, als spontane Pinselzüge, ohne Absetzen und Korrektur. Sie nehmen die Bewegung und den Rhythmus der Landschaft unmittelbar auf.
In seinen Ateliergesprächen auf Sylt führte Siegward Sprotte den offenen Dialog weiter mit Philosophen, Musikern, Schriftstellern und Wissenschaftlern. Sein Atelier wurde zu einem Ort geistiger Begegnung, an dem Kunst, Denken und Wahrnehmen zusammenfanden.
Natur als Gegenüber: Für Siegward Sprotte war Malen kein Akt der Beherrschung, sondern der Begegnung. Er sprach von einem\“face en face\“mit der Natur, einem Gespräch auf Augenhöhe. Dieses Motiv zieht sich durch sein gesamtes Werk: das\“Gesicht\“der Landschaft, das sich im Moment des Sehens offenbart.
In seinen Reihen\“Farbfolgen schaffen Landschaft\“untersucht Siegward Sprotte die Struktur der Natur, etwa in der Abfolge von Himmel, Horizont, Meer und Strand. Diese Farben, Lichtverläufe und Stimmungen bilden die gleichbleibende Ordnung der Natur und zugleich ihre unendliche Wandelbarkeit.
Ein Künstler des Nordens: Siegward Sprotte war einer der eigenständigsten Maler Schleswig-Holsteins im 20. Jahrhundert. Sein Werk steht in der Tradition der norddeutschen Landschaftsmalerei, überführt sie jedoch in eine geistige Dimension. Schleswig-Holstein wurde für ihn zum Sinnbild einer universellen Erfahrung: das Land als offener Raum, in dem Natur, Bewusstsein und Kunst ineinanderfließen.
Seine Malerei ist damit nicht nur eine Liebeserklärung an das norddeutsche Licht, sie ist eine Einladung, die Welt neu zu sehen.
Öffnungszeiten
Montag – Freitag
10.00 bis 18.00 Uhr
Samstag
10:00 bis 15 Uhr
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