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Online-Sportwetten ohne deutsche Lizenz nichtig? EuGH stärkt Chancen auf Rückzahlung der Verluste

 

Zwischen 2013 und Juli 2021 galt in Deutschland ein Lizenzsystem mit Erlaubnisvorbehalt. Zahlreiche Anbieter operierten gleichwohl ohne deutsche Lizenz und beriefen sich auf Genehmigungen aus anderen EU-Staaten, insbesondere Malta. Der EuGH befasst sich nun mit der Frage, ob das Fehlen einer deutschen Erlaubnis die Nichtigkeit von Wettverträgen begründet und ob sich Anbieter auf unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit berufen können, wenn das nationale Konzessionsverfahren – so der Vorwurf – unionsrechtswidrig ausgestaltet gewesen sein sollte. In der mündlichen Verhandlung traten die bekannten Spannungsverhältnisse offen zutage: Auf der einen Seite der Schutz von Spielern, die ohne verlässliche Aufsicht und ohne zentrale Schutzmechanismen wie Einsatzlimits oder Sperrdateien gewettet haben; auf der anderen Seite die Dienstleistungsfreiheit der Anbieter sowie die Frage, ob vermeintliche Verfahrensmängel im deutschen Lizenzsystem eine Tätigkeit ohne deutsche Erlaubnis rechtfertigen konnten. Diskutiert wurde zudem, ob zivilrechtliche Rückforderungsansprüche von Spielern als\“Sanktion\“im Sinne der EuGH-Rechtsprechung (Stichwort Ince) zu bewerten sind – oder ob sie vielmehr notwendige Folge der Nichtigkeit nicht genehmigter Verträge sind.

Der Bundesgerichtshof hat zwei Leitfragen vorgelegt: Erstens, ob die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit es ausschließt, privatrechtliche Verträge über ohne nationale Erlaubnis angebotene Sportwetten als nichtig anzusehen, wenn das Konzessionsverfahren unionsrechtswidrig durchgeführt wurde. Zweitens, ob das nationale Verbot mit Erlaubnisvorbehalt als Schutzgesetz mit deliktischer Ersatzpflicht greift,obwohl der Anbieter sich auf Verfahrensmängel beruft. Damit steht nicht nur der Einzelfall Tipico im Fokus, sondern das Grundverständnis des Zusammenspiels von nationalem Glücksspielrecht und EU-Binnenmarktrecht.\“Die Verhandlung hat deutlich gemacht, dass der unionsrechtliche Binnenmarkt kein rechtsfreier Raum ist. Wer in Deutschland ohne nationale Lizenz Online-Sportwetten anbietet, schafft Verträge ohne Rechtsgrundlage – die Nichtigkeit ist die konsequente Folge\“, sagt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (www.hartung-rechtsanwaelte.de). Die Kanzlei befasst sich ausschließlich mit Anleger- und Verbraucherschutzthemen und hat sich neben der Beratung von Betroffenen des Abgasskandals auf die Durchsetzung von Ansprüchen von geschädigten Verbrauchern gegen Online-Casinos spezialisiert. Die Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH vertritt bereits seit Jahren erfolgreich Verbraucher in Verfahren gegen Anbieter illegaler Online-Casinos und bietet eine kostenlose Erstberatung an.

Aus seiner Sicht ist entscheidend, dass der Spielerschutz im Zentrum steht:\“Ein System, das Spielersperren, Einsatzlimits und Aufsicht gewährleistet, lässt sich nicht durch eine Ausweichbewegung auf ausländische Lizenzen umgehen. Gerade deshalb sieht das deutsche Recht den Erlaubnisvorbehalt vor – und genau deshalb haben geschädigte Verbraucher starke Rückforderungsrechte.\“Ein Dreh- und Angelpunkt der Anbieterargumentation ist die EuGH-Entscheidung Ince (C-336/14). Dort ging es um das strafrechtliche Sanktionsverbot, wenn ein Konzessionssystem unionsrechtswidrig praktiziert wird.\“Zivilrechtliche Rückforderungen sind keine Strafen, sondern Rechtsfolgen nichtiger Verträge\“, betont Dr. Hartung.\“Selbst wenn einzelne vergaberechtliche Details zu beanstanden wären, folgt daraus kein Recht, jahrelang ohne Erlaubnis am deutschen Markt zu operieren – erst recht nicht zulasten der Verbraucher.\“

Sollte der EuGH bestätigen, dass ohne deutsche Erlaubnis geschlossene Wettverträge nichtig sind, erhielte die bereits dynamische Rechtsprechung in Deutschland erheblichen Rückenwind. Für Spieler bedeutet dies realistische Chancen, Verluste aus der Zeit vor Juli 2021 zurückzufordern. Für Anbieter, dielange ohne deutsche Lizenz tätig waren, stünde wirtschaftlich viel auf dem Spiel.\“Wir sehen schon heute, dass Gerichte Rückforderungen zusprechen und Verteidigungsstrategien wie angebliche Kenntnis der Illegalität oder der bloße Verweis auf ausländische Lizenzen nicht durchgreifen\“, so Dr. Hartung.\“Die Nichtigkeit wirkt in beide Richtungen: Ohne Erlaubnis gibt es keinen einklagbaren Gewinnanspruch – aber eben auch kein Recht, Verluste beim Spieler zu belassen.\“

In Luxemburg wurde deutlich, dass mehrere Mitgliedstaaten und die Europäische Kommission die deutsche Linie stützen: Lizenzerfordernisse dienen legitimen Gemeinwohlzielen wie Suchtprävention, Jugend- und Spielerschutz sowie der Integrität des Marktes. Selbst etwaige Mängel im Vergabeverfahren heben den Erlaubnisvorbehalt nicht auf.\“Wichtig ist der klare Grundsatz\“, fasst Dr. Hartung zusammen:\“Ohne formale Lizenz keine Tätigkeit – und ohne Tätigkeit keine wirksamen Verträge.\“Der Generalanwalt hat seine Schlussanträge für den 11. Dezember 2025 angekündigt.\“Zwar ist der Gerichtshof nicht an die Schlussanträge gebunden, häufig markieren sie aber die Richtung. Unabhängig davon sollten Betroffene nicht abwarten: Verjährungsfragen sind anspruchsentscheidend, und mit jedem Monat können Forderungsanteile verloren gehen\“, rät Dr. Hartung. Seine Empfehlung lautet, Einzahlungen, Auszahlungen und Nutzungszeiträume geordnet zusammenzustellen und die Erfolgsaussichten prüfen zu lassen.\“Die Argumentationslinien aus Luxemburg stärken den Verbraucherschutz. Wer zwischen 2013 und 2021 bei Anbietern ohne deutsche Lizenz Verluste erlitten hat, hat weiterhin sehr gute Karten.\“

Posted by on 25. September 2025.

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Categories: Allgemein

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