Schiffsrecycling–Gemeinsam Zukunft gestalten: Chancen und Perspektiven
Noch ist es ein zartes Pflänzchen: Das Schiffsrecycling in Deutschland steht erst am Anfang. Immerhin: Mit EWD Benli hat eine erste deutsche Werft nach einem langen Genehmigungsverfahren in diesem Jahr ihre Zulassung als Schiffsrecycler erhalten. In Anbetracht der gewaltigen Zahl von in den kommenden Jahren abzubrechendenSchiffen – und befeuert durch eine wachsende Nachfrage nach heimischem und „grünem“ Stahl – könnte an den deutschen Küsten ein neuer Wirtschaftszweig aufblühen.
Genug Anlass für das Maritime Cluster Norddeutschland (MCN), unter dem Motto „Schiffsrecycling – Gemeinsam Zukunft gestalten: Chancen und Perspektiven“ Fachleute zu einer kompakten Informations- und Diskussionsveranstaltung am 7. Oktober 2025 nach Kiel einzuladen. „Wir wollen nicht bloßinformieren, sondern auch relevante Akteure ins Gespräch bringen“, sagte Peter Moller, Geschäftsstellenleiter des MCN in Schleswig-Holstein, in seiner Begrüßung. Rund 35 Teilnehmende aus Wirtschaft, Verbänden und Forschung folgten seiner Einladung.
Zum Auftakt skizzierte Henning Gramann, Geschäftsführer und Inhaber der GSR Services GmbH, einen „Markt im Umbruch“: 16.000 zu recycelnde Schiffe in den kommenden zehn Jahren stünden global deutlich zu wenigen Kapazitäten gegenüber. „Wer den Markt richtig sondiert, hat gute Chancen“, zeigte er sich überzeugt. Die wachsende Nachfrage nach recyceltem Stahl stütze seinen Optimismus. Andererseits beleuchtete Gramann den komplexen rechtlichen Rahmen, in dem Schiffsrecycling stattfindet, sowie die anspruchsvollen, teils langwierigen Genehmigungsverfahren als Risiken für potenzielle Recyclingunternehmen in Deutschland.
Kamila Szwejk, Wissenschaftlerin an der Leuphana Universität Lüneburg, plädierte für mehr Zirkularität in der maritimen Branche. „Wir müssen ein klimapositives System anstreben“, forderte sie leidenschaftlich. Ein Weg sei, schon beim Schiffsentwurf ans spätere Recycling zu denken. Außerdem dürfe der Fokus der Recycler nicht allein auf dem Stahl liegen. Szwejk appellierte, zukünftig im Schiff nicht „Abfall“ zu sehen, sondern die eingesetzten Materialien als Wertstoffe: „Was wäre, wenn wir ein Schiff nicht mehr nur als Schiff, sondern als Materialbank verstehen?“ fragte sie.
Roman Luplow, Project Manager bei Inros Lackner SE und international erfahrener Werftplaner, appellierte angesichts der globalen Billigkonkurrenz an die (potenziellen) deutschen Recycler,„konsequent auf Technologie und effiziente Methoden aus der Schiffbauerfahrung“ zu setzen. „Wir müssen anders zerlegen als die Inder und dürfen uns nicht in einen ruinösen Wettbewerb begeben“, betonte Luplow. Um wettbewerbsfähig zu werden, sollten sich deutsche Unternehmen nicht zu sehr auf die Stahlrückgewinnung konzentrieren, sondern weitere recycelfähige Stoffe verstärkt berücksichtigen: „Hochkomplexe und besonders schadstoffbelastete Schiffe stellen eine vielversprechende Nische dar.“
Das ZIM?Innovationsnetzwerk ShipRec stellte Dr. Daniela Köster von der EurA AG vor, in dem 16 Unternehmen und Forschungseinrichtungen ihre Kompetenzen bündeln. Auch Köster plädierte für gesteigerte Wirtschaftlichkeit durch Automatisierung.
Zum Abschluss präsentierten Prof. Dr.-Ing. Hendrik Dankowski von der FH Kiel und Wolfgang Franzelius, Geschäftsführer der HB Hunte Engineering GmbH, die von ihnen geleitete Forschungsvereinigung Schiffbau und Meerestechnik (FSM) und informierten über Fördermöglichkeiten in der vorwettbewerblichenForschung. Gute – insbesondere praxisorientierte – Ideen aus der Industrie seien ausdrücklich willkommen.
Eine lebhafte, mitunter kontrovers geführte Debatte rundete den Nachmittag ab.
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